Mein lila Onkel

Das Gesicht meines Onkels war lila. Ich flunkere nicht, nicht diesmal.

nimm zwei

















 
früher
schreckte mich
die Länge eines Lebens

heute weiß ich
dass mir eines nicht genügt

Foto: aufgenommen auf dem Hoppenlau-Friedhof, dem ältesten Friedhof Stuttgarts
.
Der schwäbische Dichter Wilhelm Hauff  ("Der kleine Muck", "Kalif Storch", "Das kalte Herz") liegt dort  begraben.

aus der Traum

 .
Besinnungslos im Bett der Gedanken
Geschäftiges Gezeter der Vögel
      Ein Tinnitus klingelt am Ohr
Das Gurren der Tauben weckt Kinderaugen
Schaler Geruch umhüllt
    Traumfetzen im wirren Haar
Die Kirchturmuhr schlägt nicht
Leben stottert
So früh am Morgen
.

Reanimation

.
Mund zu Mund Beatmung
könnte
uns wiederbeseelen
.

Sackbahnhof













Die Party ist aus -
Bitte alle aussteigen
Der Zug endet hier

Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de

Selbstzensur

Verhasstes Spiel

Geht nicht! wirft sie mir vor
Wieso nicht? fange ich ihren Ball und kontere
Woher willst du wissen, dass es nicht geht ?
Ich hab doch noch gar nichts geschrieben!
Aber gedacht! schmettert sie zurück

Aus

entzaubert

















 
nur einen Flügelschlag / währte
der Traum und endete / abrupt

mit einem Hölzchen / zwischen
meinen Augenlidern

es tat nicht weh / es war
nur plötzlich heller

das Licht war greller / gnadenloser
sah ich dich / viel schärfer als zuvor

sie konnten nicht mehr träumen
meine Augen / so weit offen

mein Herz / so seltsam
kalt

Foto: e. h.


tod im ried

taumle flaume federleicht
ludert über feld und teich

lauernd kauernd dunkeltrieb
kniet im ried der lebensdieb

kaum der knall verröhrt im kraut
wild getaumel flügelt laut

taumle flaume federleicht
stürzt gemeuchelt in den teich

einsturzgefährdet














Wär ich ein Haus, dann trüge ich
ein Schild mit der Warnung
„Vorsicht! Einsturzgefährdet.“
Es wär mein ganzer Stolz.

Betagte Häuser finde ich reizvoll.
Sie erscheinen mir in meinen Träumen.

Mein Haus hätte Wände, malerisch
marmoriert mit Altersflecken,
mit Flechten bedeckte Mauern,
in deren Schatten Farne wüchsen,
erblindete Fenster, die den Himmel spiegelten
und den Abend ahnen ließen,
fragile Balkone, auf Krücken gestützt.
Und mitten im Flur gähnte,
dunkel und gierig,
ein Loch in den Dielen.
Der Tritt eines kleinen Fußes,
versunken ins Spiel, genügte,
und alles zerfiele.
Es wäre alt.
Es trüge ein Schild,
den Kindern zur Warnung.

Sie kämen trotzdem
zum Spielen.

Foto: e. h.

Waldrausch


















stürmisches  Rauschen
in den Wipfeln der Tannen
spülte mich
an den Waldesstrand
dort fand ich mich wieder -
ein unscheinbares Schneckenhaus
gefüllt bis obenhin
mit dem Rauschen des Winds
in den Bäumen

Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de

so alt














Augen voll Raureif
der Winter zeichnet sich
in deinem weißen Haar
die Zartheit deiner Haut
erinnert

so alt

dein Vogel
endlich frei

Foto: Katrin Schäflein www.picturepilot.de

im outback I

unterm Zelt deines Atems 
vertäue ich meinen Kahn
zur Nacht

im Dickicht der Härchen
auf  deiner Brust
tickt sacht
der Geigerzähler
unsrer Liebe




 foto: e. h.